Große Worte für die kleinen Geschichten

Auf einen Espresso mit … Interview mit den Nürnberger Nachrichten.
Mit freundlicher Genehmigung der Nürnberger Nachrichten und Charlotte Jawurek (Interview und Bild).

Der Nürnberger Autor Peter Hellinger fand seine Berufung über Umwege und fühlt sich nun am Ziel. Peter Hellinger trinkt seinen Kaffee am liebsten im Literaturhauscafé. Der Name ist hier Programm: Der Autor, Verleger und Kopf der Autorenvereinigung „Die Schreiberlinge“ schreibt gern über die kurzen Begegnungen im Alltag, die sich zum Beispiel bei einem Cappuccino ergeben.

Was inspiriert Sie?
Hellinger: In einem Café wie diesem hier zu sitzen und Leute zu beobachten. Generell sind es die kurzen Begegnungen im Alltag, die mir eine Idee liefern. Zum Beispiel ein Geschäftsmann, der total seriös aussieht und dann aber ein komisches Basecap trägt. Da frage ich mich dann, was dahintersteckt.

Es sind also die kleinen, feinen Themen, die Sie begeistern.
Hellinger: Ja, ich erzähle gern die Geschichten des Alltags, ob lustig oder tragisch. Die Themen leben dabei meistens von spontanen Einfällen oder kleinen Begebenheiten. Manchmal sind es aber auch etwas größere Themen: Im Moment arbeite ich an einer Geschichte, in der jemand erschossen wird. Das Interessante daran ist, dass ich den Tod aus der Sicht des Opfers schildere. Oft ist es auch die Einsamkeit in der Großstadt, die mich beschäftigt.

Ein Gefühl, das Sie als Nürnberger direkt nachvollziehen können?
Hellinger: Teils, teils. Für mich hat Nürnberg die perfekte Größe. Es kann zwar anonym wie eine Metropole sein, ist andererseits aber gerade noch überschaubar. Eine schöne kleine Großstadt.

Wo in Nürnberg fühlen Sie sich denn besonders wohl?
Hellinger: Ich gehe gern am Valzner Weiher spazieren. Da ist es nicht so überlaufen und man kann richtig die Seele baumeln lassen. Aber natürlich liebe ich auch Buchhandlungen, „Korn und Berg“ am Hauptmarkt zum Beispiel. Bei Bücher Edelmann hat meine Mutter früher gearbeitet.

Kommt daher Ihre Leidenschaft für Bücher?
Hellinger: Sicherlich auch. Ich habe zwar schon immer gern gelesen und in der Schule ganz gute Aufsätze geschrieben, aber Autor war nie mein Berufswunsch. Deswegen bin ich auch erst was anderes geworden. Ich habe Versorgungstechnik studiert und dann 30 Jahre lang in der Baubranche gearbeitet.

Ein etwas ungewöhnlicher Branchenwechsel, oder?
Hellinger: So in etwa hat mein Umfeld auch reagiert. Aber 2011 löste sich meine Firma auf. Ich war fünfzig und wollte noch einmal etwas ganz Anderes. Also habe ich angefangen, das Schreiben professionell zu betreiben. Und zwar nicht nur für mich. Ich habe dann auch meinen eigenen Verlag gegründet.

Ist es denn nicht schwierig, sich heutzutage vom Schreiben zu ernähren, wenn man nicht gerade auf der Bestsellerliste steht?
Hellinger: Es geht. Natürlich habe ich manchmal zu kämpfen, aber zu meinem Glück habe ich schon früh auf E-Books gesetzt. Außerdem konzentriere ich mich auf Lokales, das ist von Vorteil. Mit den Jahren habe ich auch gelernt: Es ist gar nicht so wichtig, wie viel Geld auf dem Konto ist, sondern dass man etwas in die Welt gebracht hat, das nicht mehr weggeht.

Welche Wendung kommt als Nächstes in Ihrem Leben?
Hellinger: Eigentlich bin ich ganz zufrieden mit meiner Arbeit. Wobei, vielleicht spiele ich eines Tages noch in einer Rock‘N‘Roll-Band! Das wollte ich als Jugendlicher immer.

Interview als Zeitungsausschnitt
Mit freundlicher Genehmigung der Nürnberger Nachrichten
Erschienen am 8. April 2015